Ja, ich liebe das Fahrradfahren und nein, ich habe keine Behinderung. Das darf jedoch für niemanden von uns bedeuten, dass uns die Bedürfnisse und Sorgen von Menschen, die dieses Glück nicht haben, egal sein dürfen. Und spätestens wenn wir alt werden und sich unsere Fähigkeiten zwangsläufig einschränken, müssen wir uns mit der Situation von Menschen mit Behinderungen auseinandersetzen.
Denken wir an die alte Dame von nebenan, die mit dem Rollator keine Möglichkeit findet, die Straße zu überqueren, weil der abgesenkte Bordstein entweder zugeparkt ist oder direkt auf eine Kopfsteinpflasterstraße führt. Denken wir an den Nachbarn, der sich wegen des kaum noch vorhandenen Augenlichts nur mit Hilfe seiner Enkel aus dem Hause traut. Oder – ganz einfach – versetzen wir uns mal in die Zeit, als wir mit Kinderwagen unterwegs waren. Wie schwierig war es manchmal, den U-Bahnsteig zu erreichen, wenn die Rolltreppe fehlte und der Aufzug kaputt war? Wie oft kamen wir nur mit gefährlichen Tragemanövern aus dem Bus, weil der durch die zugeparkte Haltestelle nicht ausreichend nah an die Bordsteinkante heranfahren konnte?
Das ist nur ein Ausschnitt der alltäglichen Probleme von Menschen mit Behinderungen – es sind alles Situationen, in die sich jeder von uns ohne viel Fantasie hineinversetzen können sollte. Darum frage ich mich, warum diejenigen, die für die öffentliche Infrastruktur verantwortlich sind, diese Gruppe so dermaßen ignorieren. Die Antwort lautet, weil sie es können. Und weil es günstiger ist. Die Politik muss und kann hier agieren, wenn sie nur wollte. Aber so lange die Interessen von finanzstarken Lobbyisten bei der CDU mehr Gewicht haben als das Gemeinwohl, wird sich nichts ändern.
Ein Aktionstag zum Thema ist immer nett und sorgt für gute Bilder und Pressemitteilungen, in denen man mal ganz stark betonen kann, wie wichtig die Interessen von behinderten Menschen sind. Nur, um sie dann die restlichen Tage im Jahr weiterhin zu ignorieren. Bitte, CDU, zeig mir, dass ich damit unrecht habe.


